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L. Schuld, Vergebung, Ablass vorherige Seite nächste Seite
Die Auseinandersetzung mit Verfehlungen, Schuld und Sünde des Menschen hat in der Theologie seit jeher einen großen Stellenwert. Das Bußsakrament bildet den Rahmen, in dem der Christ seine Verfehlungen bekennt und ihre Vergebung durch Gott vermittelt wird. Über die Jahrhunderte hinweg lässt die Geschichte dieses Sakramentes eine große Vielfalt der konkreten liturgischen Vollzüge erkennen. So ist die altkirchliche Praxis anders als heute vom öffentlichen Bekenntnis sowie der nur einmaligen Möglichkeit zur Sündenvergebung nach erfolgter Taufe geprägt.

Anders als die lange Zeit weithin praktizierte Beichte stößt das Ablasswesen der Kirche vielfach auf Unverständnis - und das nicht nur in heutiger Zeit: Der Ablassstreit des 16. Jahrhunderts bildete den Anlass zur Kirchenspaltung. Die Kritik richtete sich äußerlich gegen den mit der Käuflichkeit des Ablasses verbundenen fiskalischen Mißbrauch und inhaltlich gegen die in Anspruch genommene Verfügung der Kirche über das göttliche Heil sowie die quantifizierenden Gnadenvorstellungen, wonach Schuldvergebung tarifmäßig zu erwerben war. Kerngedanke des Ablasses ist ein vor Gott gültiger Erlass von Sündenstrafen, den die Kirche aufgrund ihrer Schlüsselgewalt verleiht. Ursprünglich lediglich als Nachlass öffentlicher und befristeter verhängter Kirchenbußen verstanden, entwickelten sich Ablasstheologie und -praxis vor allem seit dem 11. Jahrhundert. Insbesondere die Frühscholastik befasste sich mit der Thematik. Stets war der Ablass in sachlicher und begrifflicher Nähe zur kirchlichen Bußpraxis angesiedelt, rückte faktisch aber vom Beichtsakrament weg, da die Bußwerke nunmehr auch außerhalb des sakramentalen Rahmens käuflich oder tätig zu erwerben waren.

An innerkirchlichen Mahnungen wie der des Theologen Peter Abaelard († 1142) oder des 4. Laterankonzils (1215) vor einer ausufernden Ablasspraxis fehlte es nicht. Bekannter sind indessen die Ablässe der Päpste Alexander II. (1063) und Urban II. (1095) für die Kreuzzugsteilnehmer sowie der von Bonifaz VIII. im Jahre 1300 erstmals verkündete Ablass aus Anlass des römischen Jubeljahres, des ersten "Heiligen Jahres". Vor allem für das Spätmittelalter ist eine enorme qualitative wie quantitative Steigerung zu verzeichnen; der Mainzer Kardinal Albrecht von Brandenburg (1514-1545) etwa hatte 39.345.120 Ablassjahre für sich erworben. Zudem wurden Ablässe für materielle Bedürfnisse wie Kirchenbauten verliehen; das bekannteste Beispiel ist in dieser Hinsicht der Bau von St. Peter in Rom (seit 1506). Im katholischen Frömmigkeitsleben spielte der Ablass in nachtridentinischer Zeit sowie bis ins 19. und beginnende 20. Jahrhundert eine große Rolle.

Heute ist das Ablasswesen nach jahrhundertelangen Missbräuchen und Missverständnissen weithin außer Übung gekommen. Karl Rahner und andere Theologen haben sich um einen neuen Verständnishorizont bemüht: Ungeachtet seiner Verfehlungen ist dem Menschen die Barmherzigkeit Gottes ohnehin schon zuteil geworden, doch will die Kirche heilend auf die mit der Sünde verbundenen negativen Folgen einwirken. vorherige Seite nächste Seite

Beichtstuhl von Johann Franz van Helmont in der Kirche St. Maria in der Kupfergasse zu Köln, um 1715.




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